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Europa-Woche 2018 auf Tour in Gröpelingen

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Die Jungen Europäischen Föderalisten Bremen entdecken auf dem Fahhrad europäische Förderprojekte vor Ort im Bremer Westen.

Im Rahmen der Europa-Woche 2018 haben am 25. Mai 2018 die Jungen Europäischen Föderalisten (JEF) Bremen, ein europapolitischer Jugendverband, die geförderten Projekte aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) und dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) im Bremer Westen (Gröpelingen und Oslebshausen) per Fahrrad besichtigt.

Die Idee hinter der Entdeckungstour war, den Europainteressierten einmal ganz praktisch zu zeigen, wie die Europäischen Strukturfonds in Bremen wirken. Im Anschluss ihrer Besichtigungstour haben die Jungen Europäischen Föderalisten ihre Eindrücke zusammengefasst:

„Freitag, 25. Mai 2018, 8:30 Uhr am Morgen. Die Sonne lacht und es duftet ein wenig nach Abenteuer im Getreidehafen von Bremen als wir uns die Fahrräder für unsere Entdeckungstour durch Gröpelingen aussuchen. Zur Verfügung gestellt und sorgfältig gepflegt werden die Räder vom Förderzentrum „TEAM – Jugend Bremen“, unserer letzten Station an diesem Tag.

Zunächst geht es aber durch das sommerliche Blockland zu unserem ersten Stopp, der ehemaligen JVA Bremen Blockland. Heute findet sich hinter den mit Stacheldraht besetzten Zäunen und dem bunt bemalten Eingangstor ein kleines Idyll. Auf dem riesigen Gelände mit seinen etwas verwitterten Betonbauten reihen sich Gemüsebeete, Kräutergärten und Gewächshäuser aneinander. Gefördert durch das ESF-Bundesprogramm BIWAQ III (Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier III) pflanzen die 15 Teilnehmenden des Teilprojektes IGEL (Integration in Gröpelingen anhand Ernährung und Landschaftspflege) beim Träger Förderwerk Bremen GmbH hier Biogemüse, -kräuter und -obst an, versorgen die projekteigenen Bienenvölker und kümmern sich um die Hühner und Wildgänse, die auf den Wiesen herumwuseln. Einer der beiden Anleiter im Projekt begrüßt uns und führt uns über das weitläufige Gelände. Es duftet nach frisch gemähtem Gras. Seit knapp fünf Jahren wird der Garten hinter den ehemaligen Gefängnismauern gefördert. Ziel ist es, der Gruppe der Teilnehmenden, die sich aus ehemaligen und aktuellen Strafgefangenen sowie Langzeitarbeitslosen zusammensetzt, neue Perspektiven zu zeigen und Hilfe bei der Strukturierung des Alltags und beim Wiedereinstieg in die Arbeitswelt zu geben. Dazu zählt es zum einen, Kompetenzen in den Bereichen Biogemüseanbau, Garten-/Landschaftsbau, Tierhaltung und Imkerei zu sammeln. Zum anderen liegt ein großes Augenmerk auf dem Austausch von Erfahrungen zwischen  aus den verschiedenen Kulturen, die die Teilnehmenden mitbringen. Das gemeinsame Mittagessen mit Gerichten aus aller Welt, zubereitet mit dem selbst angebauten Gemüse, oder Tipps und Tricks wie das umweltfreundliche Bekämpfen von Schnecken durch das Ziehen eines Sandkanals sind hierfür gute Beispiele. Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit bestimmen die Arbeit auf dem gesamten Gartengelände: Die Bewässerung erfolgt über das Grundwasser, der Verzicht auf chemische Dünge- oder Unkrautvernichtungsmittel wird groß geschrieben, das geerntete Gemüse wird den Bremer Suppenengeln kostenlos zur Verfügung gestellt oder gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen aus der nah gelegenen KiTa bzw. Schule frisch verarbeitet. Die anliegenden Werkstätten, in denen Reparaturen für den Garten durchgeführt oder ein Unterstand für die Hühner gebaut werden, sowie ein Theaterprojekt gegen die religiös motivierte Radikalisierung von Jugendlichen runden das Projekt ab. Beeindruckt vom Kontrast zwischen Natur und stacheldrahtbesetzten Zäunen und vom unerschütterlichen Engagement der Anleiter schwingen wir uns wieder auf die Räder und machen und auf den Weg zur zweiten Station unsere Tour: Gröpelingen Marketing e.V. und Kultur vor Ort e.V.

Mit seinen 37 700 Einwohner*innen ist Gröpelingen ein besonders bunter, vielseitiger und junger Stadtteil im Bremer Westen. Die beiden Vereine setzten sich für den Aufbau und die Stärkung eines positiven Images für den Stadtteil ein, bringen Bildung, Kultur und lokale Ökonomie zusammen, mobilisieren Bürger*innen und Institutionen für ein gemeinsames Netzwerk und werten die urbane Stadtstruktur auf. Gefördert werden sie dabei durch Mittel des EFRE (Gröpelingen Marketing e.V.) bzw. Mittel aus ESF und EFRE (Kultur vor Ort e.V.). Gemeinsam mit zwei Mitarbeitenden der beiden Vereine fahren wir die belebte Lindenhofstraße entlang und halten immer mal wieder an, um die kleinen und großen Projekte kennenzulernen. Da wäre beispielsweise die Initiative „Don’t mess with Gröpelingen“. Übernommen wurde die Idee vom US-amerikanischen Bundesstaat Texas. Mit dem Ziel, öffentliche Plätze im Stadtteil sauber zu halten, kann wilder Müll per App oder Telefon direkt an die städtischen Behörden gemeldet werden, die sich um die Reinigung kümmern. Die Vereinigte Staaten von Amerika als Vorbild für Bremen? Kein Einzelfall in Gröpelingen. Mit dem public chair vor Geschäften und Lokalen in Gröpelingen werden die Kommunikation und der Zusammenhalt im Stadtteil gestärkt. Auch bei unseren Zwischenstopps gesellen sich immer wieder Anwohner*innen zu unserer kleinen Gruppe, hören aufmerksam zu und berichten von ihren eigenen Erfahrungen. Auf dem Platz vor der Stadtbibliothek können wir das freie WLAN testen, das es an immer mehr Orten im Stadtteil gibt. Und auch sonst zeigt sich Gröpelingen an vielen Stellen von seiner kreativen und innovativen Seite, beispielsweise mit der „Gröpelinger Initiative für GründerInnen und KleinunternehmerInnen“ und der Möglichkeit zur Eröffnung eines Pop-Up-Stores in vorübergehend leerstehenden Ladenlokalen unter dem Motto „Made in Gröpelingen“. Aber auch mit dem gemeinsamen Corporate-Design-Konzept für die Geschäfte an der Gröpelinger Heerstraße oder dem letzten Bauern im Stadtteil, der seinen Hof direkt gegenüber dem großen Lindenhof-Center betreibt. Der Stadtteil möchte weg von seinem negativen Image und das gelingt durch die Initiativen von Gröpelingen Marketing e.V. und Kultur vor Ort e.V. sehr gut!

Von der großen und viel befahrenen Hauptstraße Gröpelingens geht es für uns weiter durch ein Wohngebiet zum Quartiers-Bildungszentrum (QBZ) Morgenland. Vor rund drei Jahren wurde das Haus mit EFRE-Geldern gebaut und wird seither von den Bremer Senatoren für Wirtschaft, Arbeit und Häfen bzw. Kinder und Bildung betrieben. Ziel des QBZ ist die Sprachbildung und -förderung mit Hilfe kultureller Projekte. Kultur vor Ort e.V. betreut die Projekte inhaltlich, so auch die „Aufsuchende Bildungsberatung“, die mit Geldern des ESF unterstützt wird. Die kostenlose Beratung zu Fragen der schulischen Bildung, beruflichen Qualifizierung, Deutschkursen und Praktikums- und Arbeitsplatzsuche richtet sich in erster Linie an Frauen aus dem Stadtteil. Seit dem Start des Projektes im April 2017 konnten bereits über 200 Beratungen durchgeführt werden. Unter anderem dadurch erfahren viele Menschen vor Ort von den Strukturinvestitionen, die das Land Bremen gemeinsam mit der EU umsetzt.

Überrascht von der Vielzahl der kleinen Initiativen besuchen wir für unsere Mittagspause das Café Vielfalt in der Lindenhofstraße. Das Projekt der Waller Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft mbH (WaBeQ) bietet jeden Tag ein vollwertiges Mittagessen zu günstigen Preisen, neue berufliche Orientierung für Langzeitarbeitslose und eine gemütliche Atmosphäre für den Austausch im Stadtteil. Bei unserer Ankunft sind die Plätze gut gefüllt und der Raum erfüllt vom Stimmengewirr. Es duftete nach Fisch. Freitag in Bremen. Nach einem leckeren Essen geht es für uns weiter zur letzten Station der Entdeckungstour, zurück zum Förderzentrum „TEAM – Jugend Bremen“ an der Getreidestraße.

Unterstützt durch Mittel des ESF erhalten junge Erwachsene im Alter zwischen 18 und 25 Jahren, die Arbeitslosengeld II beziehen, hier die Gelegenheit unterschiedliche Berufsfelder kennenzulernen, ihre individuelle Lebenssituation zu stabilisieren und soziale Kompetenzen auszubauen. Über das Jobcenter Bremen werden dem Projekt monatlich Teilnehmende zugewiesen. Sie werden für einen Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten gefördert. Rund zwei Drittel der Teilnehmenden sind männlich, ähnlich viele haben einen Migrationshintergrund. Die 41 % der Teilnehmenden ohne Schulabschluss können im Rahmen des Projektes einen Hauptschulabschluss erwerben. Bis zu 40 % der jungen Erwachsenen, die regelmäßig an den Kursen des Projektes teilnehmen, werden danach erfolgreich in Ausbildung, Arbeit oder eine außerbetriebliche Ausbildung vermittelt. Im Haus des Förderzentrums riecht es nach Metall und frischer Farbe. In einem kleinen Raum lernen etwa 20 junge Männer gerade für die anstehende Gabelstaplerführerscheinprüfung, die sie im Rahmen des Projektes ablegen. Einige schauen noch ein wenig verunsichert, aber der Anleiter betont, dass bei seiner guten Vorbereitung nur selten jemand durchfalle. Auch wir verlassen zuversichtlich und voller neuer Eindrücke das Gebäude.

Hier endet unsere spannende Entdeckungstour zu den ESF- und EFRE-geförderten Projekten in Gröpelingen. Ein absolut lohnender Rundgang, der uns Europa nähergebracht und unmittelbar vor Ort gezeigt hat. Wie werden die Förderinitiativen der EU konkret umgesetzt? Wer profitiert von den eingesetzten Mitteln? Diese Fragen konnten wir bei unserer Tour beantworten und hoffen nun auf viele Nachahmer*innen, die sich die Projekte in Gröpelingen anschauen möchten, sowie ähnliche Veranstaltungen in den anderen Bremer Stadtteilen!“

Junge Europäische Föderalisten Bremen

Dieser Bericht ist auch auf der Website des ESF-Bremen erschienen.